Unrecht als System 1958-1961, Seite 219

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 219 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 219); ständen überein, so folgten Konzessionsentziehungen und Bestrafungen wegen Vergehens gegen die Wirtschaf tsstrafVerordnung. Solche Maßnahmen betrafen aber immerhin nur einige Hundert Fleischermeister. Gegen das gesamte Fleischerhandwerk wirkten sich hingegen die völlig unzureichenden Handelsspannen aus, die Ende Mai 1958 nach Aufhebung der Rationierung mit der Bildung der Festpreise behördlich festgesetzt wurden. Erst nach über drei Monaten erfolgte eine Änderung der Handelsspannen. DOKUMENT 290 „Berlin (ND). Das Politbüro beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung mit der Tatsache, daß nach Aufhebung der Rationierung die Handelsspanne der volkseigenen, genossenschaftlichen und privaten Fleischer und fleischverarbeitenden Betriebe sowie privaten Fleischerhandwerkerbetriebe zu niedrig festgesetzt wurde. Das Politbüro hat die Regierung ersucht, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Wirtschaftlichkeit dieser Betriebe zu gewährleisten.“ Quelle: „Neues Deutschland“ vom 10. 9. 1958. Der durch die zu niedrige Handelsspanne verursachte Schaden wurde für die volkseigenen und genossenschaftlichen Fleischereien durch staatliche Subventionierung behoben. Die durch die gleiche Unrechtsmaßnahme bewußt erzwungene Aufgabe der Gewerbebetriebe durch etwa 30 bis 35 °!o aller privaten Fleischer-meister wurde nicht wieder rückgängig gemacht. Keiner der betroffenen Handwerksmeister erhielt das Recht, seine indessen in eine PGH übergeführte Fleischerei wieder als selbständigen Betrieb zu eröffnen. Nach Abschluß der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft drohte dem privaten Handwerk ein gleiches Schicksal. Auf Anordnung der SED wurden ab November 1959 an allen Orten der SBZ Komitees gegründet, die die Handwerker zum Eintritt in die PGH veranlassen sollten. Die Räte der Kreise und Bürgermeister der Gemeinden drohten den Handwerksmeistern Zwangsmaßnahmen an, falls diese nicht „freiwillig“ ihren Betrieb in eine PGH überführen würden. Gewerberäume wurden den Handwerkern grundlos entzogen, um sie dadurch zum Eintritt in eine PGH zu zwingen. DOKUMENT 291 Berlin, den 2. 4. I960 Es erscheint NN. und erklärt: Ich bin Handwerksmeister in Dessau. Mein Grundstück soll jetzt nach dem Aufbaugesetz in Anspruch genommen werden. Damit verliere ich meine Gewerberäume. Anderer Raum zur Ausübung meines Gewerbes wird mir nicht zugewiesen. Ich bin in den vergangenen zwei Wochen viermal aufgesucht und aufgefordert worden, mit Kollegen eine Produktionsgenossenschaft des Handwerks zu gründen. Außerdem wurde ich in der vorigen Woche ins Rathaus gerufen, wo man mir erklärte, in Kürze würde die ELG (Einkaufs- und Liefer-Genossen-schaft) in eine Produktionsgenossenschaft des Handwerks umgewandelt. Bis zur Gipfelkonferenz wolle man noch „ein großes Stück“ vorankommen. V. g. u. gez. Unterschrift DOKUMENT 292 Berlin, den 21. 4. 1960 Es erscheint NN. und erklärt: Ich weiß aus eigener Kenntnis, daß die Handwerks-Obermeister der verschiedensten Handwerkssparten (holzverarbeitendes Handwerk wie Tischler, Dachdek-ker; lederverarbeitendes Handwerk wie Polsterer und Tapezierer usw.) die Handwerksmeister zusammengerufen haben und Komitees zur Gründung von PGH zusammenstellten. Bei diesen Gründungsversammlungen waren neben den Obermeistern und den Handwerkern der Geschäftsführer der Handwerkskammer, Vertreter des Rates des Kreises (Abteilung örtliche Wirtschaft, Abteilung Finanzen und Plankommission) zugegen. Die Komitees setzen sich ausschließlich aus Handwerksmeistern zusammen, welche aus der Versammlung heraus in Vorschlag gebracht wurden, und die sich gegen die Vorschläge kaum wehren konnten. Diese Komitees sind in letzter Zeit recht aktiv geworden. Es sind auch schon einige PGH im Kreise Schönebeck gegründet. Größere Einbrüche in die private Wirtschaft sind zwar bisher nicht feststellbar. Die Stimmung unter den Handwerkern ist ziemlich verzweifelt. Sie verzeichnen alle Maßnahmen gegen das Handwerk sehr ernst und dürften nur noch geringen Wider stand willen haben, wenn größere Agitationstrupps wie bei den Landwirten auch gegen das Handwerk eingesetzt werden würden. Am 9. und 10. April fand in Schönebeck eine Kreiskonferenz der SED statt. Sie wurde propagandistisch groß aufgezogen. Aus den Zeitungsberichten über diese Konferenz, welche ich selbst gelesen habe, geht hervor, daß auf der Konferenz Maßnahmen zum Zwecke der forcierten Überführung der Handwerkerschaft in PGH beschlossen worden sind. Welche einzelnen Maßnahmen man ergreifen wird, war aus den Berichten nicht zu ersehen. Dennoch stand die Konferenz unter der Parole: „Vom vollgenossenschaftlichen Kreis zum vollsozialistischen Kreis.“ Daraus ist also klar zu ersehen, daß man die gesamte private Wirtschaft kurzfristig sozialisieren will. Schwerpunkt des Vorgehens der SED gegen die private Wirtschaft wird die Zwangssozialisierung des Handwerks sein. Das ergibt sich aus allen Tatsachen, welche in den letzten Wochen in Erscheinung traten, so die Gründung der Handwerker-Komitees, das verstärkte Ansprechen der Handwerker durch neugebildete Propagandatrupps und durch ähnliche Maßnahmen. Ich betone, daß die Tätigkeit der Propagandatrupps noch örtlich beschränkt ist. Sie wirkt sich vor allem bisher in den Städten aus, nicht so sehr auf den Dörfern. Sie ist nicht vergleichbar mit den Propagandatrupps, welche gegen die Landwirtschaft eingesetzt wurden. Es ist anzunehmen, daß die Tätigkeit der Propagandatrupps durch verstärktes Einsetzen von Funktionären in den nächsten Wochen verstärkt wird. Ich komme zu dieser Annahme durch übereinstimmende, getrennte Äußerungen von SED-Funktionären in den Behörden, in Versammlungen und überhaupt in der öffentlich - gez. Unterschrift Als Folge dieser Zwangssozialisierungsmaßnahmen begann Ende 1959 eine Massenflucht von Handwerkern nach dem Westen. Der Flüchtlings ström hielt auch in den ersten Monaten des Jahres 1960 an. Mit solchen Folgen ihres Vorgehens gegen das Handwerk hatte die SED 24* 219;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 219 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 219) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 219 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 219)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 1-292).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Zielstellung sind solche Fragen zu beantworten wie:. Welches Ziel wird mit der jeweiligen Vernehmung verfolgt?. Wie ordnet sich die Vernehmung in die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Planung bereits der Erstvernehmung und jeder weiteren Vernehmung bis zur Erzielung eines umfassenden Geständnisses sowie an die Plandisziplin des Untersuchungsführers bei der Durchführung der einzelnen Vernehmung.

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