Unrecht als System 1958-1961, Seite 101

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 101 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 101); Als Feind des Arbeiter- und Bauern-Staates wird derjenige hart bestraft, der Westsender hört und deren „Hetzparolen“ verbreitet. Zu 4 Jahren 6 Monaten Zuchthaus verurteilte das Bezirksgericht Chemnitz am 11. 2. 1960 einen jungen Mann, weil dieser versucht hatte, seine politischen Ansichten über freie Wahlen in einigen selbstgefertigten Flugblättern zu verbreiten. Verbreitung westlicher Hetzparolen DOKUMENT 168 „Mit der Hit-Parade fing es an“ Im dunklen Sakko und brauner Hose stand am 11. Februar vor den Schranken des Bezirksgerichtes in Karl-Marx-Stadt ein junger Mann. Sein dunkelblondes Haar ist leicht gewellt. Er heißt Walter Möbius und wohnt in Frankenau, Kreis Rochlitz. Er ist fünfundzwanzig Jahre alt, von Beruf Gärtner, Sohn eines Arbeiters. Niemand sah ihm an, daß er in den letzten Jahren zum Verräter an dem ersten Arbeiter- und Bauern-Staat wurde. 1951 hatte Möbius einen Betriebsunfall. Trotz mehrerer Operationen blieb sein Bein 7 Zentimeter kürzer. Nachdem er einige Zeit auf den 3 Hektar Land, das sein Vater nebenbei bewirtschaftet, gearbeitet hatte, ging er 1956 in die Gärtnerei Lorenz nach Geringswalde. Sein Nettoverdienst betrug einschließlich einer kleinen Rente 340 Mark im Monat. Für das Geld kaufte er nacheinander ein Moped, ein Radio, einen Fotoapparat, einen Feldstecher und einen Bildwerfer. Wünsche, von denen mancher Jugendliche noch träumt, konnte er sich erfüllen. Ihm ging es in unserer Republik nicht schlecht. Was Heß den Angeklagten zum Verbrecher werden? Hott Honig Hetze Welcher junge Mensch ist wohl nicht ein Freund von Schlagern? So auch Möbius. Doch der Sucher auf der Skala seines Radios blieb immer bei Westsendern stehen. „Hier Radio Luxemburg. Wir bringen die Hit-Parade“, tönte es aus dem Lautsprecher. Und nach der Hottmusik mundeten dem Möbius Kommentar und Nachrichten der „freien Welt“ wie Honig, der süß und klebrig an ihm haftenblieb. Der junge Gärtner schluckte die westliche „Kultur“ wie ein Mann genießerisch ein Glas Bier trinkt. Langsam aber sicher begann des Gegners Gift zu wirken. Den Friedenstaten, von den Werktätigen täglich vollbracht und von den Sendern der Deutschen Demokratischen Republik übertragen, schenkte Möbius kein Gehör. Im Herbst 1958 rüsteten Arbeiter und Bauern unserer Republik zur Volkswahl. Die Bevölkerung wollte ihr Bekenntnis zum deutschen Friedensstaat ablegen, der ihr ein Leben in Wohlstand und Glück sichert. Anders Möbius. Auch er rüstete zur Tat. Er besuchte nicht die Versammlungen der Nationalen Front, wo sich die Kandidaten ihren Wählern vorstellten, er fand auch nicht den Weg zum Wahllokal. Möbius begann mit der feindlichen Tätigkeit. Er erinnerte sich eines Druckkastens. Diesen brachte er von zu Hause mit nach Geringswalde, kaufte dazu ein Stempelkissen und setzte nach Feierabend in der Dachkammer Gummibuchstaben zu Zeilen zusammen. Fein säuberlich druckte er Hetzparolen, vom Rias Berlin eingeträufelt, auf eine Din-A 4-Seite, zerschnitt diese und hatte so 12 bis 15 Flugblätter. Mit dem Moped fuhr er sonnabends zu seinen Eltern. Dabei ließ er bis Mittweida ab und zu solch eine Druckschrift fallen. Ein Held der westlichen Welt Bei dieser einen Aktion beließ es Möbius nicht. Er druckte jetzt weitere Flugblätter, nicht wahllos, immer zu besonderen Ereignissen. So fertigte er Hetzschriften an, als die Wahlen in Westberlin stattfanden, als die Sowjetunion vorschlug, Westberlin zur Freien Stadt zu erklären, als eine Partei- und Regierungsdelegation der DDR aus Moskau zurückkehrte und als sich der 17. Juni zum sechsten Male j ährte, wo Neofaschisten in Westdeutschland den Tag X gegen unsere Republik auslösen wollten. Anleitung erhielt der Gärtnergeselle immer wieder vom Rias Berlin. Die wütenden Haßgesänge tönten in seinem Ohr wie Posaunenmusik und gaben ihm neuen Stoff zum Handeln. Wie ein Verbrecher schlich Möbius abends zwischen 21 und 22 Uhr über den Markt in Geringswalde, legte die Flugblätter an solche Stellen, wo die meisten Leute hinkamen. Wie ein Held der westlichen Welt kam er sich nach vollbrachter Tat vor. Er fühlte sich vollkommen sicher. Niemandem erzählte er davon. Selbst als er einmal seine Freundin nach Hause brachte, konnte er es auf dem Rückweg nicht lassen, seine Feindparolen gegen unsere Republik anzubringen. Möbius besaß sogar die Frechheit, in der Mittagszeit im Rathaus Geringswalde solche Zettel auszulegen. Als Beinbeschädigtem fiel ihm das Laufen schwer, aber für seine Feindtätigkeit verwendete er viel Zeit. Gesellschaftlich war er nirgends organisiert und auch für das NAW tat er nichts. Der Gärtner ließ sich von den westlichen Hetztiraden immer mehr einfangen. Alles Fortschrittliche war ihm ein Dorn im Auge. Seine Angriffswut richtete sich jetzt auch gegen Einzelbauern. In der Zeitung hatte er von der Bereitwilligkeit der Bauern Arnold und Hermsdorf gelesen, daß diese in die LPG eintreten wollten. In seinem Dachstübchen schrieb Möbius den Bauern Drohbriefe, worin er sie aufforderte, nicht in die Genossenschaft einzutreten, sondern Haus und Hof zu verlassen und nach dem „goldenen“ Westen überzusiedeln. Beide Bauern waren als Zeugen vor Gericht geladen und beide sagten übereinstimmend aus, daß sie diese schmutzigen Zeilen nicht abgehalten haben, den Schritt vom Ich zum Wir zu tun. Sie waren gefestigt und haben den Blick in die Zukunft gerichtet. Nur bei dem Gärtner sind noch alte Schlacken vorhanden; denn er schrieb einen weiteren Drohbrief an das Staatliche Rundfunkkomitee. Auch Willy Brandt erhielt einen. Aber das war kein Drohbrief. Hierin ließ er den Westberliner Bürgermeister hochleben. Die Reue kam zu spät Möbius war in allen Punkten geständig. Er sah das Verwerfliche seines Tuns ein. Doch die Reue kam zu spät. Bedingungslos hatte er den westlichen Sendern Rias und Luxemburg Glauben geschenkt. Bewußt hatte er Feindarbeit betrieben und sich gegen unseren Staat gestellt. Das Gerichtsurteil von 4 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus nahm der Angeklagte an und versprach in seinem Schlußwort, daß er sich in der Zeit der Strafverbüßung bessern will. Möge er diesen guten Vorsatz in die Tat umsetzen. Wir fragen zum Schluß: Mußte es mit diesem jungen Mann erst soweit kommen? Wir sagen nein! Wie oft haben Kulturschaffende, Funktionäre der Parteien und Massenorganisationen darauf hingewiesen, wie schädlich es ist, den Westsendern das Ohr zu leihen. Darum soll dieser Prozeß allen denen eine Warnung sein, die sagen, was ist schon dabei, wenn man die Sender Luxemburg oder Rias hört. Besonders die El- 101;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 101 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 101) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 101 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 101)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 1-292).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die Konspiration von gewährleistet ist, durch ständige Überbetonung anderer Faktoren vom abzulenken, beim weiteren Einsatz von sorgfältig Veränderungen der politisch-operativen Vorgangslage zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der Führung Verhafteter objektiv gegeben sind, ist die Erkenntnis zu vertiefen, daß Verhaftete außerhalb der Verwahrräume lückenlos zu sichern und unter Kontrolle zu halten und möglichst zu unterbinden. Das muß von dorn Ziel bestimmt sein, ihr Aktivitäten feindlicher Stützpunkte weitgehend unwirksam zu machen und schädliche Auswirkungen für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den neuen Regimeverhältnissen auf den Transitstrecken und für die Transitreisenden zu beachtenden Erobleme, Auswirkungen USW. - der auf den Transitstrecken oder im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die effektivste und wirkungsvollste Abschlußart darstellt, ergeben sich zwingend Offizialisierungs-erfordepnisse. Diese resultieren einerseits aus der Notwendigkeit der unbedingten Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung der Ziele, Absichten und Maßnahmen sowie Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit . Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß die schöpferische Arbeit mit operativen Legenden und Kombinationen stellen die genannten Beispiele gestalteter Anlässe und hierauf beruhende Offizialisierungsmaßnahmen durch strafprozessuale Prüfungshandlungen grundsätzlich nur verallgemeinerungsunwürdige Einzelbeispiele dar.

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