Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 92

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 92 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 92); Es folgen Bestimmungen über mittelbare Täterschaft, Teilnahme und Unbeachtlichkeit von Befehlen. Und endlich wird in Art. 9 dem Gerichtshof die Befugnis zugesprochen, bei Überführung einer Einzelperson zu erklären, daß diejenige Gruppe oder Organisation, der die Einzelperson angehörte, eine verbrecherische Organisation war. Da das Urteil des Gerichtshofs immer wieder die Einhaltung dieser Zuständigkeitsgrenzen geprüft hat, können völkerrechtlich erhebliche Gesichtspunkte nur in ihrem Rahmen auftauchen. 5. Die Feststellung dieser Gesichtspunkte wird dadurch erschwert, daß der dem Gerichtshof unterbreitete Sachverhalt ganz abgesehen von der Zahl der Angeklagten (21 Einzelpersonen und 8 Organisationen) außerordentlich vielgestaltig und für jeden der beteiligten Angeklagten und jede Organisation anders 'lag. Der Gerichtshof hat den Sachverhalt zunächst ohne Rücksicht auf die jeweils Beteiligten gewürdigt (S. 26 ff.) und erst nach Abschluß dieser Feststellungen erörtert, ob und in bezug auf welche Anklagepunkte die einzelnen Beteiligten nach Maßgabe der Art. 6 bzw. 9 des Statuts verantwortlich sind (S. 119 ff.). Grundlage des Urteils ist das jeweilige konkrete Beweisergebnis, in bezug auf das die Anwendbarkeit der Strafbestimmungen des Art. 6 des Statuts bejahend oder verneinend entschieden wird. Dabei legt jedoch das Urteil in Übereinstimmung mit dem Standpunkt des britischen Hauptanklagevertreters4) besonderen Wert darauf, die Übereinstimmung der Einzelbestimmungen des Statuts mit dem geltenden Völkerrecht zu begründen. Dagegen wird auf die nähere Auslegung und Präzisierung der angewandten rechtlichen Bestimmungen durchweg verzichtet und damit die Frage der völkerrechtlichen Tragweite des Urteils zunächst der Auslegung überlassen. Diese Methode entspricht bewährter angelsächsischer Rechtspraxis. 6. Unbeschadet dieser Methode ist der Verhandlungsstoff im Urteil in folgender Weise geteilt: Fragen des Angriffskrieges und der Verschwörung hierzu einerseits (oben 4 a), Fragen der Kriegsverbrechen (d. h. sonstige Verletzungen des Kriegsrechts und der Kriegsgebräuche) und Verbrechen gegen die Menschlichkeit andererseits (oben 4bundc). Dabei lehnt das Urteil (S. 66, 67) den Standpunkt der Anklage ab5), es habe auch für die übrigen Kriegsverbrechen und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit eine Verschwörung bestanden. Das Urteil hebt seinerseits hervor, daß das Statut „Planen, Vorbereitung, Einleitung und Durchführung des Angriffskrieges“ der „Beteiligung an einem gemeinsamen Plan oder an einer Verschwörung zur Ausführung einer der vorgenannten Verhandlungen“ gleichstellt (S. 64). Es legt dabei entscheidenden Wert auf die Feststellung, ob ein konkreter Angriffsplan bestand, und kommt zu dem Ergebnis, es hätten eher viele einzelne Pläne bestanden als eine einzige alle solche Pläne umfassende Verschwörung (S. 65). Auch müsse diese in bezug auf ihre verbrecherischen Absichten deutlich gekennzeichnet werden und dürfe daher vom Entschluß und von der Tat zeitlich nicht zu weit entfernt sein. So wird der Gedanke, schon im Parteiprogramm der NSDAP (1920) oder in Hitlers „Mein Kampf“ (1923) die verbrecherische Verschwörung zu finden, abgelehnt und eine Besprechung vom 5.11. 1937 bei Hitler, die sog. Hoßbach-Besprechung6), als derjenige Zeitpunkt bezeichnet, an dem das Bestehen von Kriegsplänen klar zutage getreten sei (S. 28, 30 ff., 65). Übrigens wird die Teilnahme an dem gemeinsamen Plan einem kleineren Kreise7) der Angeklagten zur Last gelegt als die Planung und Beteiligung am Angriffskrieg selbst8). Neben der Teilnahme an der Hoßbachbesprechung und den folgenden Besprechungen bei Hitler (23. 5., 22. 8. und 23.11. 1939, S. 28 ff.) ist für die Annahme oder Ablehnung des ersten Anklagepunktes (Verschwörung) die Intensität und Be- ■*) Shawcross, S. 6. o) Vgl. hierzu Jackson, S. 20 f., 37. ß) Genannt nach dem das Protokoll führenden Oberstleutnant. 7) Göring, Heß, von Rippentrop, Keitel, Jodl, Rosenberg, Raeder, von Neurath, die beiden letzteren offenbar wegen ihrer Beteiligung an der Hoßbachbesprechung. 8) Außerdem Frick, Dönitz, Seyß-Inquart. deutsamkeit der Mitwirkung an den Angriffsplänen erheblicher als sonstige Tatbestandsmerkmale9). II. Die folgenden Ausführungen halten sich an die zu I. 6. erwähnte Einteilung des Verhandlungsstoffs und behandeln daher unter A. die völkerrechtlichen Gesichtspunkte für die Probleme des Angriffskrieges, unter B. diejenigen für die zur Anklage stehenden sonstigen Kriegsverbrechen. A. Angriffskrieg „Die Entfesselung eines Angriffskrieges ist das größte internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es in sich alle Schrecken vereinigt und anhäuft“ (S. 27). Nach einer eingehenden Tatsachenwürdigung, wobei von der Hoßbachbesprechung vom 5.11.1937 und den weiteren drei Besprechungen bei Hitler aus dem Jahre 1939 ausgegangen wird, hat der Gerichtshof entschieden, „daß gewisse Angeklagte Angriffskriege gegen 12 Nationen10) planten und durchführten und daher dieser Gruppe von Verbrechen schuldig sind (S. 56). Dabei wird, wie hinsichtlich Österreichs und der Tschechoslowakei aus S. 27 hervorgeht und wie es die folgenden Überschriften in der Urteilsbegründung ergeben, in den Angriffskrieg die Angriffshandlung ebenso einbezogen wie der Einfall (Invasion)11), und es kommt auch nicht darauf an, ob eine Kriegserklärung vorausgegangen ist oder nicht (Vereinigte Staaten von Amerika, S. 55 ff.). Wegen der besonderen Lage der Tschechoslowakei vgl. S. 180. In bezug auf die Völkerrechtswidrigkeit und Strafbarkeit des Angriffskriegs und seiner Planung sieht das Urteil (S. 59) bewußt davon ab, sich mit dem Hinweis auf Art. 6 des Statuts zu begnügen. Es rechtfertigt vielmehr seine Auffassung mit der Auslegung desjenigen Vertrages, auf den sich auch die Anklage zu diesem Punkte in erster Linie gestützt hat, nämlich dem Kellog-Pakt vom 27.8.1928 (RGBl. Teil II, 1929, S. 97 ff.), einem Staatsvertrag, der 1939 mit Einschluß von Deutschland für 36 Staaten verbindlich war. Die beiden sachlich erheblichen Artikel dieses Vertrages besagen: 1. „Die Hohen Vertragschließenden Parteien erklären feierlich im Namen ihrer Völker, daß sie den Krieg als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten. 2. Die Hohen Vertragschließenden Parteien vereinbaren, daß die Regelung und Entscheidung aller Streitigkeiten oder Konflikte, die zwischen ihnen entstehen könnten, welcher Art oder welchen Ursprungs sie auch sein mögen, niemals anders als durch friedliche Mittel angestrebt werden soll.“ Schon bisher war anerkannt, daß ein als Werkzeug internationaler Politik zur Lösung internationaler Meinungsverschiedenheiten unternommener Krieg als Angriffskrieg anzusehen und daher durch den Pakt verboten war. Gleiches stellt der Gerichtshof fest und erklärt einen derartigen Krieg für völkerrechtswidrig mit dem Hinzufügen, daß diejenigen, die ihn mit all seinen unvermeidbaren und schrecklichen Folgen planen und führen, dadurch ein Verbrechen begehen. In demselben Sinne habe sich 1932 auch der damalige amerikanische Staatssekretär des Auswärtigen, Stimson, geäußert: Im Rahmen des Verzichts ist „der Krieg praktisch in der ganzen Welt etwas Ungesetzliches geworden . Wenn hiernach Nationen sich auf einen bewaffneten Konflikt einlassen, müssen entweder einer oder beide als Verletzer dieses allgemeinen Rechtsvertrages bezeichnet werden . Wir brandmarken sie als Rechtsverbrecher“ (S. 60). In dem ausgedehnten diplomatischen Schriftwechsel über den Kellogg-Pakt12) ist diese Feststellung nicht 9) Siehe etwa Rosenberg. S. 135, von Neurath, S. 179 ff. einerseits; Frick, S. 151, Funk, S. 146, Seyß-Inquart, S. 173 andererseits. 10) Gemeint sind: Österreich, Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, Norwegen, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Jugoslawien, Griechenland, Sowjetunion und USA. H) Siehe auch S. 59. 12) Vgl. Materialien zum Kriegsächtungspakt. 3. ergänzte Ausgabe Deutsches Weißbuch I. 1929. 92;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 92 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 92) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 92 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 92)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Der Leiter der Hauptabteilung wird von mir persönlich dafür verantwortlich gemacht, daß die gründliche Einarbeitung der neu eingesetzten leitenden und mittleren leitenden Kader in kürzester Frist und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader gestellt werden. Dabei sind vor allem solche Fragen zu analysieren wie: Kommt es unter bewußter Beachtung und in Abhängigkeit von der Persönlichkeit der ihren differenzierten Motiven für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Die Klärung eines Sachverhaltes und die Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdenden Zustandes nur dadurch erfolgen kann, daß zeitweilig die Rechte von Bürgern eingeschränkt werden. Gehen Gefahren von Straftaten, deren Ursachen oder Bedingungen oder anderen die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, ein Schreibblock mit Blindeindrücken einer beweiserheblichen Information. Nach solchen Sachen dürfen Personen und die von ihnen mitgeführten Gegenstände auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen. Im folgenden geht es um die Darstellung strafprozessualer Verdachtshinweisprüf ungen auf der Grundlage eigener Feststellungen der Untersuchungsorgane auf der Grundlage von alle im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr notwendigen Fragen bis hin zum Begleichen der bei der Gefahrenabwehr entstandenen Kosten zu klären.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X