Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 74

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 74 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 74); den Kontrollrat übergegangen, der die oberste deutsche Staatsgewalt auch völkerrechtlich gesehen als deutsche Staatsgewalt ausübe und das Deutsche Reich nunmehr vertrete. Es habe also lediglich ein Regimewechsel stattgefunden, der aber nicht den Untergang der früheren Rechtspersönlichkeit des Reiches bedeuten könne, da nach einem allgemein anerkannten Grundsatz des Völkerrechts der Wechsel in der Organisationsform eines Staates die Identität der Staatspersönlichkeit nicht berührt. Die tatsächliche Unfreiheit der deutschen Regierungen gegenüber den Besatzungsmächten und die Tatsache, daß der Kontrollrat als oberste Reichsbehörde von den Besatzungsmächten gemeinschaftlich gebildet ist, könne an dieser Rechtslage ebensowenig etwas ändern, wie etwa die Staatspersönlichkeit Frankreichs in der Periode der Herrschaft der Vichy-Regierung durch deren völlige Abhängigkeit von der deutschen Besatzungsmacht berührt worden sei5). Die alliierten Staatsmänner hätten ihren Willen zur weiteren Aufrechterhaltung des deutschen Staates im übrigen ständig und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht6). Der deutsche das deutsche Volk und der deutsche Staat bieihen bestehen“. Staat habe daher nur seine Handlungsfähigkeit, nicht aber seine Rechtsfähigkeit durch die bedingungslose Kapitulation eingebüßt. Für irgendein Problem der Staatensukzession, des Untergangs der völkerrechtlichen Rechte und Pflichten oder der inneren Rechtsordnung bleibe daher kein Raum. Diese Ansicht scheitert m. E. an zwei Erwägungen : Erstens verkennt sie den Begriff der debellatio und sein Verhältnis zur Annektion, und zweitens übersieht sie, daß die Siegermächte bei der Organisation ihrer Gewalt in Deutschland sich weder an die Grundsätze der Haager Landkriegsordnung über die occupatio bellica gehalten haben noch halten wollten. Wie zutreffend in dem Gutachten von Pollack7) ausgeführt wird, sind debellatio und Annektion keineswegs identisch. Die debellatio ist vielmehr eingetreten, wenn durch kriegerische Einwirkung anderer Völkerrechtssubjekte die gesamte Organisation eineg'Staates so weitgehend zerfallen ist, daß die staatlichen Organe nicht mehr wirksam tätig werden können und dessen Gebiet durch die Truppen seiner Kriegsgegner völlig beherrscht wird, ohne daß eine evtl. Exil-Regierung sich noch auf irgendwelche Bundesgenossen stützen könnte, die gegen die Siegermächte weiter Krieg führen. Diese debellatio im Sinne der faktischen Auslöschung eines Rechtssubjekts durch seine Kriegsgegner ist Annektions-Voraussetzung, falls Annektion durch einseitige Erklärung erfolgen soll, aber keineswegs mit der Annektion wesensgleich. Völkerrechtliche Bedeutung erlangt sie über ihre faktische Wirkung hinaus immer dann, wenn die Siegermächte über das durch sie besetzte Gebiet kraft der Eroberung als Souveräne verfügen, gleichgültig ob durch Annektion oder in anderer Weise8). Es ist unstreitig, daß durch die bedingungslose Kapitulation die frühere deutsche Staatsgewalt der Dönitz-Regierung tatsächlich die Möglichkeit der Beherrschung des deutschen Staatsgebietes und der Ausübung von Souveränitätsrechten verloren hat. Ihre Absetzung war daher die deutliche Bekundung des Willens der Siegermächte, von den durch die faktische debellatio gegebenen Möglichkeiten in der *) Obergericht Zürich in der DRZ 1947, S. 33. ) Vgl. Stalin-Erklärung: „Die Hitler kommen und gehen, ) aaO. S. 2 ff. ) Vgl. ebenso Verdross, Völkerrecht, Berlin 1Ö37, S. 126; Hatschek-Strupp, Wörterbuch des Völkerrechts und der Diplomatie, Berlin 1924, Bd. I S. 715; von Waldkirch, Völkerrecht, 1926, S. 341; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich in DRZ 1947, S. 32 und Gutachten der Leipziger Juristenfakultät vom September 1945, S. 1 R. Richtung Gebrauch, zu machen, die Verhältnisse in Deutschland im Sinne der Beschlüsse der Krim-Konferenz neu zu ordnen. Diese Neuordnung war aber nur möglich, wenn die Siegermächte ohne Rücksichtnahme auf die Schränken der Haager Landkriegsordnung Art.43 ff. als Souveräne in Deutschland auftraten und über deutsches Gebiet verfügten. Die Beschlüsse der Krim-Konferenz verpflichteten die drei Großmächte, die bedingunglose Übergabe (unconditional surrender) Deutschlands herbeizuführen, also die faktische Lage der debellatio zu erzielen). Sie enthielten weiter die Einigung darüber, daß Deutschland von den drei Mächten bei Teilnahme Frankreichs gemeinschaftlich vollständig besetzt, kontrolliert und verwaltet werden soll10). Die Erklärung über die Niederlage Deutschalnds vom 5.6.1945 und die Beschlüsse von Potsdam gemäß Erklärung über die Niederlage Deutschlands vom 2. August 1945 wollten lediglich das durch die Krim-Konferenz beabsichtigte Regime näher definieren ) * 11). Der Wortlaut des 5. Absatzes der Erklärung der vier Mächte über die Niederlage Deutschlands vom 5. 6.194512) läßt keinen Zweifel darüber zu, daß die vier Mächte die „autorite supreme“ über Deutschland gemeinschaftlich übernehmen, und zwar einschließlich aller hoheitlichen Machtbefugnisse der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsbehörden jeder Art, auch der Selbstverwaltungsorgane. Die höchste „Autorität“ ist aber ihrem Wesen nach nichts anderes als die Souveränität. Hätten sich die Mächte darauf beschränken wollen, im Rahmen der Regeln der occupatio bellica lediglich vertretungsweise für die deutsche Staatsgewalt aufzutreten, ohne die bisherige deutsche Souveränität (= völkerrechtliche Zuständigkeit) vernichten zu wollen, so hätten sie einen großen Teil der Verfügungen, die in der Erklärung vom 5.6.1945 und in den Potsdamer Beschlüssen enthalten sind, nicht treffen dürfen. Daraus, daß diese der Haager Landkriegsordnung widersprechenden Verfügungen gleichwohl getroffen wurden, folgt, daß die vier Mächte ihrer Erklärung, gemäß nicht als Okkupanten, sondern als Souveräne gehandelt haben, die ihre völkerrechtliche Zuständigkeit aus der Tatsache der gemeinsamen debellatio Deutschlands und der subjugatio der deutschen Wehrmacht als des letzten Stückes der deutschen Staatsgewalt durch die Kapitulationsurkunde vom 8.5.1945 ableiten. So nehmen die vier Regierungen in Abs. 6 der Erklärung vom 5. 6. 1945 ausdrücklich das Recht in Anspruch, die Grenzen Deutschlands einseitig festzusetzen und den „Status“ Deutschlands bzw. seiner Teile einseitig zu bestimmen. Es ist klar, daß derartige einseitige Maßnahmen mit der Fortexistenz Deutschlands als Rechtssubjekt unvereinbar sind, weil die Verfügung über das Staatsgebiet und die Organisation der Staatsgewalt (den „Status“) nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen ohne Zustimmung des betroffenen Völkerrechtssubjekts schlechthin nichtig wäre. Diese Erklärungen der vier Regierungen setzen also offenkundig voraus, daß die deutsche Souveränität und die deutsche Völkerrechtssubjektivität untergegangen sind, und daß nunmehr kraft des Rechts der Eroberung die vier Siegermächte innerhalb der Bindungen durch die Beschlüsse der Krim-Konferenz gemeinschaftlich über das Gebiet Deutschlands verfügijp können. In den Beschlüssen der Berliner Konferenz werden derartige Verfügungen praktisch vorgenohimen. ) Kommunique der Krim-Konferenz 2, Abs. 1, Amtsbl. des Kontrollrats, Beiheft Nr. 1, S. 4. * ) Kommunique, Ziff. 2 Abs. 2. n) Vgl. Bericht über die Berliner Konferenz III, Abs. 3, Satz 1, Amtsbl. d. Kontrollrats, Beiheft Nr. 1, S. 14. ll) Amtsbl. d. Kontrollrats, Beiheft Nr. 1, S. 7. 74;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 74 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 74) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 74 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 74)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

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