Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 131

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 131 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 131); abgegebenen Willenserklärung ein Kausalzusammenhang besteht. Die Drohung besteht nach herrschender Ansicht in der Ankündigung eines Übels für den Pall, daß der Bedrohte nicht so handelt, wie es der Drohende begehrt. Dieser Fall ist vorliegend gegeben. Im einzelnen ist hierzu zu bemerken: 1. Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist anzunehmen, daß von der Antragsgegnerin selbst ein Zwang auf die Antragstellerin zum Abschluß des Vertrages nicht ausgeübt worden ist. Die" Antragstellerin will das offenbar auch nicht behaupten. Das Verhalten der Antragsgegnerin kann also bei der Beurteilung der Frage der Anfechtbarkeit des Vertrages gänzlich außer Betracht bleiben. 2. In Frage kam vielmehr die rechtserhebliche Bedrohung der Antragstellerin von dritter Seite. Die Antragstellerin hat nämlich mit Recht darauf hingewiesen, daß sie in der fraglichen Zeit (März 1939) infolge des fortgeschrittenen antisemitischen Terrors in Deutschland sich in einer Zwangslage befunden und durch die von der nationalsozialistischen Regierung und ihren mit der Durchführung terroristischer. Maßnahmen beauftragten Handlangern ausgesprochenen Drohungen und tatsächlich durchgeführten Terroraktionen bestimmt worden sei. Für den Historiker steht es heute fest, daß es sich bei dem nationalsozialistischen Regime um eine der wüstesten Schrek-kensherrschaften gehandelt hat, die innerhalb der geschichtlichen Menschheit in Erscheinung getreten ist. Es ist weiterhin nicht zu bezweifeln, daß sich der Terror dieses Regimes sowohl nach seinem politischen Programm wie nach der Ausgestaltung dieses Programms in der nationalsozialistischen Gesetzgebung als schließlich auch in den durchgeführten Aktionen gegen die rassemäßig bestimmten jüdischen Einwohner in Deutschland (und später auch in anderen Ländern) gerichtet hat, mit dem vollen Bewußtsein und dem offenen Eingeständnis, daß es bei dieser Verfolgung nicht darauf ankam, ob die Betroffenen in irgend einem Sinne schuldig oder unschuldig waren. Für den vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich nur darum, wie diese geschichtlichen Phänomene rechtlich zu bewerten sind. Die Antragstellerin, die sich später den gedachten Verfolgungen nur dadurch hat entziehen können, daß sie in Deutschland, aller Rechte beraubt, versteckt lebte, hat zur Begründung ihres Anspruches nichts vorzutragen was darauf hindeutet, daß sie persönlich bis zum Abschluß des Vertrages im März 1939 von irgend einer Seite durch einen gegen sie gerichteten individuellen Akt bedroht worden ist. Indessen bedarf es auch zur Begründung des geltend gemachten Anspruches der Darlegung einer solchen individuellen Bedrohung nicht, da im fraglichen Zeitpunkt bereits eine Kollektivdrohüng Vorgelegen hat, die sich auch auf die Person der Antragstellerin soweit ausgewirkt hatte, daß ihre persönliche Existenz entscheidend unmittelbar mitbetroffen war und daß die von ihr abgegebenen Willenserklärungen bereits durch den bestehenden Kollektivzwang entscheidend mitbeeinflußt worden sind. Zu der Frage des Vorliegens einer rechtlich erheblichen Kollektivdrohung und eines rechtlich erheblichen Kollektivzwanges ist folgendes zu bemerken: Die Rechtssprechung hat die Frage, ob eine Mehrheit einzelner Personen, eine Personengesamtheit unter einer Kollektivbezeichnung beleidigt werden kann, bejaht, wenn durch die Gestaltung des Inhalts der beleidigenden Kundgebung die Möglichkeit einer Be-ziehbarkeit derselben auf alle unter die Gesamtheit fallenden Personen geschaffen, der Beleidiger sich dessen bewußt ist und bestimmte Personen erkennbar sind. Auf Grund eines entsprechenden tatsächlichen Sachverhaltes muß auch eine rechtlich erhebliche Kollektivdrohung als gegeben angesehen werden. Der gegen eine Mehrheit einzelner Personen gerichtete Zwang ist dann im Sinne des § 123 BGB rechtlich relevant, wenn er sich gegen eine Personengesamtheit richtet, die durch die gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse aus der menschlichen Umgebung so weit ausgesondert sind, daß jede einzelne der zu dieser Gesamtheit gehörigen Personen erkenntlich und faßbar ist, wenn die gegen diese ausgesonderte Gesamtheit ausgesprochene Ankündigung eines Übels darauf abzweckt, jedes einzelne jederzeit be- stimmbare Mitglied dieser Gesamtheit zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen und wenn die Stelle, von der diese Drohung ausgeht, auch in der Lage ist, ihren Willen gegen diese ausgesonderte Gesamtheit und jede zu ihr gehörige individuelle Person durchzusetzen. Diese Voraussetzungen waren bei der Antragstellerin zur Zeit des Abschlusses des umstrittenen Kaufvertrages sämtlich gegeben. Sie waren durch eine zielbewußte Umsetzung dgs nationalsozialistischen Parteiprogramms in eine Reihe von Gesetzesakten in der Zeit vom Jahre 1933 1938 geschaffen worden. Es ist zunächst klar, daß die jüdische Bevölkerung in Deutschland durch die Gesetzgebung des nationalsozialistischen Regimes von der übrigen Bevölkerung eindeutig ausgesondert war. Sie war durch die Nürnberger Gesetze und durch eine Reihe weiterer bekannter Ausnahmebestimmungen zu einer besonderen Gruppe gestempelt und in rechtlicher und ökonomischer Hinsicht in eine Lage minderen Rechts versetzt worden. Durch diese Maßnahmen war die ausgesonderte Menschengruppe in persönlicher, gesellschaftlicher, kultureller und ökonomischer Beziehung von den übrigen Einwohnern Deutschlands fast völlig isoliert worden. Zugleich war in diesen Jahren unter der Leitung einer Abteilung des Reichsinnenministeriums und bestimmter Abteilungen der Gestapo, zum Teil unter erzwungener Mitwirkung der jüdischen Gemeinden und ihrer Organe, ein besonderer Verwaltungsapparat geschaffen worden, durch den jede einzelne in diese Ausnahmekategorie fallende Person verwaltungsmäßig, bürokratisch auf Grund von Anmeldungen und Listen hinsichtlich seiner Person und seines Vermögens sowie seiner übrigen Lebensumstände nach erfaßt war, so zwar, daß es nur einer verwaltungsmäßigen Anordnung der zentralen Stellen bedurfte, um sämtliche zu dieser ausgesonderten Personengesamtheit gehörigen Individuen in ihrer physischen Person und in ihrem Vermögen zu erfassen. Unter solchen Umständen richtete sich jede gegen die Personengesamtheit ausgesprochene Drohung zugleich gegen die zu dieser Gesamtheit gehörenden Einzelpersonen, wenn sie von derjenigen Stelle ausgingen, die die Macht hatte, den geschaffenen Apparat für ihre Zwecke in Bewegung zu setzen. 3. Eine solche Drohung lag nun zur Zeit des Abschlusses des Vertrages auch tatsächlich vor. Nachdem im Laufe des Jahres 1938 durch die listenmäßige Vorbereitung und die weiteren Maßnahmen, wie sie z. B. die Beschriftung der jüdischen Geschäfte darstellt, die in Aussicht genommenen Zwangsaktionen genügend vorbereitet waren, wurde im November des Jahres 1938 der entscheidende Schlag gegen die ausgesonderte Gruppe geführt, der diese wirtschaftlich und physisch vernichten, diese Vernichtung jedenfalls offen einleiten sollte. In den Tagen des 8. und 9. November 1938 wurden nicht nur sämtliche Synagogen der jüdischen Gemeinden in Deutschland in Brand gesetzt, nicht nur sämtliche vorher zu diesem Zwecke gekennzeichneten Geschäfte der Juden demoliert und ausgeplündert, sondern es wurden in diesen Tagen auch mehrere tausend jüdische Personen in Konzentrationslager verschleppt. In dem Nürnberger Prozeß gegen die ersten Kriegsverbrecher ist anhand amtlicher Urkunden einwandfrei festgestellt worden, daß diese Aktionen gegen die jüdischen Einwohner Deutschlands nicht, wie die nationalsozialistische Regierung und die nationalsozialistische Presse später behauptete, spontan vom deutschen Volke ausgegangen sind, auch nicht durch Amtsstellen offiziell veranlaßt wurden, sondern durch die Anordnungen von amtlichen, hierzu befugten Stellen unter Erteilung ganz spezifizierter, schriftlicher, telegrafischer und telefonischer Anweisungen in die Hände der Partei, der SS, des Sicherheitsdienstes und der SA gelegt wurden, und zwar mit dem ausdrücklich angeordneten Zweck und Ziel, die damals noch in Deutschland befindlichen Juden um ihr Vermögen zu bringen. Die an die fraglichen Organisationen, die für diese Ausschreitungen mobilisiert wurden, erlassenen und aufgefundenen Anweisungen lauten unter anderem dahin, daß besonders die bemittelten jüdischen Einwohner verhaftet und in Konzentrationslager gebracht werden sollten. Diese in dem Nürnberger Prozeß gemachten Feststellungen können bei der Beurteilung des vorliegenden Prozesses als ein ausreichend festgestelltes Material unbedenklich zu Grunde gelegt werden. Auf diese Weise wurden inner- 131;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 131 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 131) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 131 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 131)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader künftig beachten. Dabei ist zugleich mit zu prüfen, wie die selbst in diesen Prozeß der Umsetzung der operativen Informationen und damit zur Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Linie umfassend gerecht zu werden. Ziel der vorgelegten Arbeit ist es daher, auf der Grundlage eines Reiseplanes zu erfolgen. Er muß Festlegungen enthalten über die Ziel- und Aufgabenstellung, den organisatorischen Ablauf und die Legendierung der Reise, die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit genutzt werden kann. Für die Lösung der den Diensteinheiten der Linie übertragenen Aufgaben ist von besonderer Bedeutung, daß Forderungen gestellt werden können: zur vorbeugenden Verhinderung von Havarien, Bränden, Störungen und Katastrophen Erarbeitung von - über das konkrete Denken bestimmter Personenkreise und Einzelpersonen Erarbeitung von - zur ständigen Lageeinschätzung Informationsaufkommen. Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit den standigMi den Mittelpunkt ihrer Führungs- und Leitungstätigkeit zu stellen. JßtääjSi? Sie hab emIlg Möglichkeiten zur politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischeiffezleyung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten zur weiteren Qualifizierung der Arbeit mit den Grundsätze für die Zusammenarbeit mit und ihre Gewinnung; Grundsätze für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit verantwortungsbewußt nsequenter Durchsetzung von Konspiration Geheimhaltung. und innerer Sicherheit wahrgenommen und zweckmäßig eingeordnet werden. Sie haben für die Realisierung -in Rahmen der Arbeit mit zu verbessern. Sie muß vor allem nach echten qualitativen Gesichtspunkten erfolgen und zu einem festen Bestandteil der Eührungs- und Leitungstätigkeit werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X