Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 696

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 696 (NJ DDR 1962, S. 696); Äußerungen leicht diffamierender Art, die der Täter aus bloßer Verärgerung und Unbeherrschtheit macht und die dem Inhalt nach eine Beschwerde z. B. gegen bestimmte Mängel in der staatlichen Leitungstätigkeit darstellen, haben nicht den Charakter einer Staatsverleumdung. Typisch dafür ist folgender Fall: Ein Brigadier, einer der aktivsten Kräfte des Betriebes, wendet sich abends in leicht angetrunkenem Zustand an die Volkspolizei, weil seinem Freund ein Fahrrad entwendet worden war. Der Volkspolizist lehnt jede Hilfe ab mit dem Bemerken, daß er sich um solche Kleinigkeiten nicht kümmere und der Freund ja selbst schuld daran sei, weil er das Fahrrad nicht angeschlossen habe. Der Brigadier beschimpft daraufhin den Volkspolizisten in sehr erregtem Zustand. Wenn auch das Verhalten dieses Brigadiers nicht zu billigen ist, so handelt es sich hier nicht um eine Staatsverleumdung, da die für die Staats Verleumdung typische negative Einstellung, in diesem Fall zur Volkspolizei oder zu einzelnen ihrer Angehörigen, und die Zielstellung, diese herabzusetzen, fehlt. Der Umstand, daß er sich unmittelbar nach dem Bemerken des Diebstahls an eine Dienststelle der Volkspolizei wandte, spricht im Gegenteil gerade dafür, daß er Vertrauen zu unseren Sicherheitsorganen hat und glaubt, von ihnen Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Solche Äußerungen erfolgen im Grunde genommen auch gar nicht vorsätzlich wegen der staatlichen Tätigkeit, wie es nach dem Tatbestand des § 20 Ziff. 2 StEG erforderlich ist. Die staatliche Tätigkeit ist vielmehr lediglich äußerer Anlaß der Handlung. Eine andere Frage ist es, daß u. Ü. eine Beleidigung vorliegt, weil es ja in der Regel dem Betreffenden darum geht, eine bestimmte Person verächtlich zu machen. Der Staatsverleumder bezweckt mit seinem Verhalten, das Ansehen eines Staatsorgans, eines Staatsfunktionärs usw. herabzusetzen, er steht aber dabei nicht auf einer klassenfeindlichen Position wie der Hetzer. Seine Handlung ist nicht auf die Verwirklichung klassenfeindlicher Ziele, das Aufhetzen oder Aufwiegeln anderer gerichtet14. Die Täter sind vielmehr beim größten Teil der Staatsverleumdungen Menschen, die zwar teilweise ein unsozialistisches Verhältnis zur sozialistischen Staatsdisziplin haben, aber nicht außerhalb der sozialistischen Gesellschaft stehen. Meist haben sich bei ihnen bereits wesentliche Elemente eines sozialistischen Bewußtseins entwickelt. Das kommt darin zum Ausdruck, daß Staatsverleumder teilweise große Arbeitsleistungen in Betrieben oder Genossenschaften vollbringen, also aktiv am sozialistischen Aufbau teilnehmen. Der Melker z. B., der die Funktionäre der LPG beschimpft hatte, leistete vor und nach der Tat eine vorbildliche Arbeit. Er war 1960 zum Jahrestag der DDR mit der Medaille für ausgezeichnete Leistungen und im Februar 1961 von der Kreisleitung der FDJ mit der Urkunde als bester Rinderzüchter des MTS-Bereichs ausgezeichnet worden. Das heißt nicht, daß die Einstellung dieser Menschen zur Arbeit völlig in Ordnung ist. Mit fortschreitender Entwicklung wachsen die Anforderungen, und es reicht allein nicht aus, regelmäßig der Arbeit nachzugehen und die Norm zu erfüllen15 io. Ihre Bemühungen zeigen aber, daß sie im Ringen der Gesellschaft um die höhere Organisation der Arbeit und damit um die höhere Arbeitsproduktivität nicht abseits stehen, sondern mehr oder weniger bewußt ihren Teil dazu beitragen. Ihre Grundhaltung ist also positiv. Die Tat steht also in der Mehrzahl der Fälle im Widerspruch zum sonstigen Verhalten. M Vgl. Rutsch, a. a. O., S. 875. 15 Weber, a. a. O., S. 770. Ein geringer Teil der Staatsverleumdungen vornehmlich die auf allgemeiner Asozialität beruhenden, aber auch die schwersten der aus rowdyhaften Beweggründen begangenen Gesetzesverletzungen, werden von demoralisierten Elementen begangen, die zwar ebenfalls nicht aus einer konterrevolutionären Einstellung heraus handeln, aber in ihrer gesamten gesellschaftlichen Haltung überwiegend außerhalb der sozialistischen Kollektivität stehen. Die Täter sind meistens vorbestraft, neigen zu Arbeitsbummelei und zum Alkoholmißbrauch und stehen den Bestrebungen, sie zu erziehen, ablehnend gegenüber. So hatte z. B. ein ungelernter Arbeiter, der Mitglieder der SED in einer Gaststätte verleumdet und beschimpft hatte, weil sie ihn wegen seiner schlechten Arbeitsmoral zur Rede stellten er war krank geschrieben und befand sich trotzdem angetrunken in einer Gaststätte , seine Lehre nicht abgeschlossen und die Arbeitsstellen ständig gewechselt; er war wegen Körperverletzung und Diebstahls vorbestraft. Auch auf der letzten Arbeitsstelle änderte er sein Verhalten nicht, obwohl zwei Brigaden versucht hatten, ihn auf den richtigen Weg zu bringen. Die Aufdeckung der der Einzeltat zugrunde liegenden Auffassungen und der spezifischen Widersprüche in der Bewußtseinsentwicklung des Täters ist mit von ausschlaggebender Bedeutung für die Feststellung der Angriffsrichtung und des Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit. Sie verbietet jede isolierte Untersuchung der Handlung; sie setzt die allseitige Erforschung der Tatumstände und der Verhältnisse, unter denen die Rechtsverletzung begangen wurde, und die umfassende Würdigung der Person des Angeklagten voraus. Die Bewußtseinsentwicklung ist ein sehr komplizierter Prozeß. Richtungweisend für sein Verständnis sind die u. a. auf dem 33. Plenum des Zentralkomitees der SED und die in der Programmatischen Erklärung sowie in den Rechtspflegebeschlüssen des Staatsrates gegebene Analyse bzw. die darin enthaltenen Hinweise zur Entwicklung der einzelnen Seiten des sozialistischen Bewußtseins bei den einzelnen Klassen und Schichten. Dieser Prozeß vollzieht sich entsprechend der unterschiedlichen Vergangenheit, Herkunft und Lebenserfahrung der einzelnen Menschen sowie ihrer Entwicklungbedingungen. Die Justizorgane können dabei nicht nur vom allgemeinen Stand des Bewußtseins ausgehen. Erkenntnisquelle muß auch der konkrete Stand des Bewußtseins in den Betrieben und LPGs ihres Bereichs sein. Sie müssen wissen, wo und warum ein Zurückbleiben einzelner Gruppen oder Menschen festzustellen ist1. Das setzt eine enge Verbindung der Justizfunktionäre zur gesellschaftlichen Entwicklung und zum Leben der Werktätigen voraus. Das Erfassen der zugrunde liegenden negativen Auffassungen, Motive und Ziele ist vielfach nur möglich, wenn dabei das allgemeine Verhalten des Täters vor und nach der Tat und das Spezifische seiner Entwicklung, sein Bildungsniveau, seine Stellung im Kollektiv mit berücksichtigt werden. Die psychische Einstellung zum äußeren Verhalten ist abhängig von der Ideologie. Grundlage für ihre Feststellung kann aber nicht eine einzelne negative Handlung sein. Einstellung des Täters zur sozialistischen Staatsdisziplin sorgfältig beachten Die Aufdeckung der allgemeinen Einstellung des Täters speziell zur sozialistischen Staatsdisziplin hilft, den subjektiven Inhalt des Handelns zu erkennen. In der Tat findet im wesentlichen die negative Seite des Täters, finden die bürgerlichen Positionen in seinem Denken, io Vgl. H. Benjamin, „Gedanken zum 15. Plenum des Zentralkomitees der SED“, NJ 1962 S. 203. 69G;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 696 (NJ DDR 1962, S. 696) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 696 (NJ DDR 1962, S. 696)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der zuständigen Abteilung der Hauptabteilung zu informieren. Gegebenenfalls können auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft bzw, des StrafVollzugsgesetzes,Angehörige von Betrieben, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen, die auf der Grundlage der Ziffer der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten in den Verwahrzellen der GTV. Das umfaßt insbesondere die ständige Beobachtung der Inhaftierten unter Beachtung der Mindestkontrollzeiten zur vorbeugenden Verhinderung von Ausbruchs- und Fluchtversuchen, Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewalthandlungen die enge kameradschaftliche Zusammenarbeit mit den zuständigen operativen Diensteinheiten Staatssicherheit ein zwingendes Erfordernis. Nur sie sind in der Lage, durch den Einsatz ihrer spezifischen operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte, demonst rat Handlungen von Sympathiesanten und anderen negativen Kräften vor dem oder im rieht sgebä ude im Verhandlungssaal, unzulässige Verbindungsaufnahmen zu Angeklagten, Zeugen, insbesondere unmittelbar vor und nach der Asylgewährung Prüfungs-handlungen durchzuführen, diesen Mißbrauch weitgehend auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Liegt ein Mißbrauch vor, kann das Asyl aufgehoben werden.

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