Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 78

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 78 (NJ DDR 1956, S. 78); Einige Bemerkungen zur Anweisung des Ministeriums für Handel und Versorgung über die Wahrung der Käuferrechte Von WERNER STOLZ, Institut für Zivilrecht der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Die Anweisung Nr. 31/55 des Ministeriums für Handel und Versorgung1), die in Durchführung des Ministerratsbeschlusses vom 5. August 1954 (GBl. S. 699) erging, ist geeignet, einen in der Versorgung unserer werktätigen Bevölkerung mit Industriewaren bestehenden Zustand, der seit langem Gegenstand häufiger Kritik gewesen ist1 2), sehr schnell zu beseitigen. Endlich sind durch diese Anweisung die unterschiedlichen Verkaufsbedingungen der HO-Betriebe für nicht mehr anwendbar erklärt und im internen Geschäftsverkehr der HO und des Konsums2 4) die materiellen Voraussetzungen zur Einhaltung der demokratischen Gesetzlichkeit geschaffen. In eigener Verantwortlichkeit kann jetzt der Verkaufsstellenleiter unter bestimmten Voraussetzungen über Ansprüche der Käufer wegen Lieferung mangelhafter Ware entscheiden. War es bisher dem Verkaufsstellenleiter eines HO-Betriebes z. B. nicht möglich, einem nach §§ 459, 462 BGB bestehenden Anspruch auf Wandlung nach Ablauf von sechs Wochen seit Verkauf der mangelhaften Ware zu entsprechen, da diesem Verlangen die zentralen Verkaufsbedingungen der HO-Kreisbetriebe vom 2. März 1953 entgegenstanden, so hat er nunmehr die entsprechenden Möglichkeiten und Geldmittel zur Verfügung, diese Ansprüche zu befriedigen. Nur so sind m. E. die Ausführungen von Keim1') zu verstehen, daß die Anweisung „die uneingeschränkte Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen sichert“ und diese jetzt „voll zur Anwendung kommen können“. Dies beweist nicht zuletzt das Urteil des Bezirksgerichts Rostock vom 6. Mai 19545 6), dessen Gründe sich über die das Zivilrecht erheblich einschränkenden Verkaufsbedingungen der HO hinwegsetzen. Damit war vor den Zivilgerichten die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auch in der Vergangenheit gewährleistet. Die Anweisung erläutert auf der Grundlage der zivilrechtlichtlichen Bestimmungen über den Kauf den Begriff des Sachmangels und die daraus entstehenden Ansprüche des Käufers. Anschließend werden die Verpflichtungen der Verkaufsstelle zur Befriedigung dieser Ansprüche im einzelnen behandelt. Obwohl die Anweisung zweifellos geeignet ist, dem werktätigen Käufer von vornherein viel Verdruß zu ersparen und ihm erheblich schneller als bisher zur Durchsetzung seiner Ansprüche verhelfen wird, gibt sie doch zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen Anlaß, zumal die in den HO-Betrieben Beschäftigten durch diese Anweisung in die Lage versetzt werden sollen, den Käufer über seine Rechte zu belehren0). 1. Nach Abschnitt III Ziff. 1 c der Anweisung kann der Käufer den Anspruch auf Wandlung nur geltend machen, wenn er gleichzeitig den Kassenzettel vorlegt. Wenn diese Forderung auch im Interesse einer schnellen und sicheren Klärung aller mit der Mangelrüge zusammenhängenden Fragen geboten erscheint und für den inneren Geschäftsbetrieb der dem Ministerium für Handel und Versorgung unterstellten Betriebe bindende Wirkung hat, geht sie doch über die gesetzlichen Erfordernisse zur gerichtlichen Geltendmachung eines derartigen Anspruchs hinaus. Danach genügt allein die Beanstandung eines Sachmangels innerhalb der gesetzlichen Frist. Dies hat deshalb besondere praktische Bedeutung, weil erfahrungsgemäß der Käufer den Kassenzettel nicht sechs Monate aufzuheben 1) Abgedruckt ln „Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums der Justiz“, 1955, Nr. 4, S. 11 ff. 2) vgl. z. B. Leitartikel „Neues Deutschland“ vom 21. März 1954; Lange, ln „Einheit“ 1955, S. 362 ff.; Edelt, „Die Wirtschaft“ vom 1. Oktober 1954, S. 5. 3) vgl. „Der Handel“, 1955, Nr. 14, S. 6: Anmerkung der Redaktion, aus der die Verbindlichkeit dieser Anweisung für den konsumgenossenschaftlichen Handel hervorgeht. 4) „Der Handel“, 1955, Nr. 14, S. 5. 5) NJ 1954, S. 609. 6) vgl. auch „Zu einigen Fragen der Sachmängelhaftung im Einzelhandel“, in „Der Handel“, 1955, Nr. 2, pflegt und er dann nach der Anweisung mit jedem Anspruch von vornherein ausgeschlossen wäre. Zutreffend stellt aus anderem, aber ähnlichen Anlaß das Oberste Gericht fest, daß eine Rechtsanwendung, die die Beweisführung nur mittels Vorlage schriftlicher Unterlagen zuläßt, gegen die Grundsätze des Prozeßrechts verstößt. „Hiernach kann der Beweis nicht nur durch Urkunden, sondern auch durch die Aussage von Zeugen erbracht werden ,“7). Wohl kann sich niemand der Notwendigkeit verschließen, daß die Forderung der HO auf Vorlage des Kassenzettels zweckmäßig ist. Jedoch ist es durchaus denkbar, daß der Nachweis über Herkunft und Preis der Ware im Einzelfall trotz Fehlens dieses Beleges auf Grund von Zeugenaussagen geführt und die HO verurteilt werden kann. Wenn auch der HO-Betrieb soweit er einen geltend gemachten Anspruch nicht anerkennt verpflichtet ist, den Käufer auf die Möglichkeit einer Klage hinzuweisen (Abschnitt V Ziff. 3), und damit die Rechte des Käufers weitgehend gewahrt sind, liegt es doch im Interesse aller Beteiligten, künftig die Kassenzettel der HO und des Konsums mit einem Aufdruck zu versehen, aus dem die Zweckmäßigkeit der sechsmonatigen Aufbewahrung dieses Beleges ersichtlich ist. 2. Im Abschnitt IV Ziff. 1 wird unter Hinweis auf § 460 BGB zutreffend festgestellt, daß der Käufer einen Anspruch dann nicht mehr geltend machen kann, wenn er trotz Kenntnis des Mangels die Ware abgenommen hat, und daß der HO-Betrieb dann für einen Mangel haftet, wenn dieser dem Käufer zwar grobfahrlässig unbekannt geblieben, aber vom Verkäufer trotz Kenntnis verschwiegen worden ist. (Die gleiche Regelung wie bei Arglist soll offenbar auch dann gelten, wenn die HO die Abwesenheit eines Fehlers nach § 460 Satz 2 BGB zugesichert hat. Vgl. Abschnitt II Ziff. I und Abschnitt III Ziff. 4.) Neben diesem Fall der Arglist regelt § 460 Satz 2 BGB bekanntlich noch den Fall der grobfahrlässigen Nichtuntersuchung durch den V e r käufer. Ist hiernach dem Käufer ein durchaus erkennbarer Mangel beim Kauf grobfahrlässig unbekannt geblieben, und hatte der Verkäufer ebenfalls keine Kenntnis von diesem Mangel, da er gleichermaßen wie der Käufer die Ware nicht untersuchte, so braucht nach dem Wortlaut des § 460 Satz 2 BGB der Verkäufer für diesen Mangel nicht zu haften. Falls der Verkäufer also eine Ware, ohne diese überhaupt untersucht zu haben, verkauft, und der Käufer ebenfalls eine Untersuchung nicht vornimmt, geht der evtl, vorhandene feststellbare Mangel zu Lasten des Käufers. Er kann dann keine Gewährleistungsansprüche geltend machen. Damit wird unter kapitalistischen Verhältnissen aber gleichzeitig die sich aus der letzten Alternative des § 460 BGB für den Verkäufer ergebende Gewährleistungspflicht illusorisch, da es dem Käufer in der Regel sehr schwerfallen dürfte, den ihm obliegenden Beweis der Arglist seitens des Verkäufers zu erbringen. Diese Tendenz, den werktätigen Letztverbraucher auch mit Hilfe des § 460 BGB zu betrügen, wurde noch durch die Rechtsprechung des ehemaligen Reichsgerichts gefördert. Danach „darf der Käufer vom Verkäufer kein Offenbaren aller Umstände, die für seine des Käufers Entscheidung erheblich sein konnte, erwarten“®)! Diese im krassen Widerspruch zu den Grundsätzen unserer Gesellschaftsordnung stehende Teilregelung des § 460 BGB ist m. E. spätestens durch den Ministerratsbeschluß vom 5. August 1954 außer Kraft gesetzt worden. Dort heißt es unter Abschnitt B Ziff. I, 2: „Der Handel wird verpflichtet, von der Produktion gelieferte Waren abzulehnen, die nicht den abgeschlossenen Verträgen, insbesondere in mustergetreuer, 1) Urteil vom 21. Februar 1955 2 Za 10/55 (NJ 1954, S. 501); vgl. zum gleichen Problem „Sowjetisches Zivilrecht“, Berlin 1953, Bd. n, S. 49 und 575. 8) RGZ 62/149. 78;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 78 (NJ DDR 1956, S. 78) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 78 (NJ DDR 1956, S. 78)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich seinFormelle, gleichgültige, politisch unkluge, undifferenzierte, letztlich ungesetzliche Entscheidungen darf es nicht geben. Immer wieder muß gerade die hohe politische Bedeutung der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit bewußt und konsequent durchzusetzen. In der vom Parteitag umfassend charakterisierten Etappe unserer gesellschaftlichen Entwicklung und infoloe der sich weiter verschärfenden Systemauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus von höchster Aktualität und wach-sender Bedeutung. Die Analyse der Feindtätigkeit gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit macht die hohen Anforderungen deutlich, denen sich die Mitarbeiter der Linie sind deshalb den Verhafteten von vornherein Grenzen für den Grad und Um- fang des Mißbrauchs von Kommunikations- und Bewegungsmöglichkeiten zu feindlichen Aktivitäten gesetzt. Um jedoch unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Im Einsatzplan sind auszuweisen: die Maßnahmen der Alarmierung und Benachrichtigung die Termine und Maßnahmen zur Herstellung der Arbeits- und Einsatzbereitschaft die Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen Hauptverhandlung sind vor allem folgende Informationen zu analysieren: Charakter desjeweiligen Strafverfahrens, Täter-TatBeziehungen und politisch-operative Informationen über geplante vorbereitete feindlich-negative Aktivitäten, wie geplante oder angedrohte Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte; Vorkommnisse bei der Besuciisdiehfüiirung mit Diplomaten, Rechtsanwälten oder fiienangehörigen; Ablegen ejjfi iu?pwc. Auf find von sprengstoffverdächtigen Gogenst siehe Anlage.

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